01.01.2021


Richards Kindermusikladen: „Auf Zack!“



Absoluter Hörgenuss – auch für geschulte Elternohren



Für den Moderator, Sprecher, Sänger, Rapper und Komiker Richard Haus ist Kindermusik kein künstlerisches Neuland. Schon 2015 erschien seine erste Platte „Richards Kindermusikladen“, die jedoch öffentlich kaum wahrgenommen wurde. 2018 folgte mit „Mucks Mäuschen Laut“ der zweite Anlauf, der zwar viele überzeugende musikalische Momente bereithielt, insgesamt aber etwas bemüht kindgerecht daherkam. Mit dem dritten Album „Auf Zack!“ stellt Richard Haus jetzt nicht nur sein Durchhaltevermögen unter Beweis, sondern vor allem sein volles Potential als Musiker für Kinder.

„Zackige Texte und knackige Grooves für Birne, Beine und Bauch“ verspricht der umtriebige Berliner Musiker – und tatsächlich hält er dieses Versprechen von der ersten bis zur letzten Sekunde seines Albums ein. Das beginnt bereits mit dessen musikalischer Umsetzung. Die Produktion besticht durch die eigenwillige Instrumentierung mit Sousaphon und Akkordeon. Unter vollständigem Verzicht auf elektronische Sounds und Samples gelingt es der professionell eingespielten Band, jeden Song interessant auszugestalten und dabei immer wieder Bezüge zu bekannten musikalischen Vorbildern herzustellen. So trifft „Guten Morgen Muffel“ genau den richtigen Ton für passionierte Langschläfer*innen, „Viel zu viel“ dürfte auch den Fans der Band Sportfreunde Stiller gut gefallen. „Grunzhund“ nimmt sich den Balkan-Pop von Shantel zum Vorbild und „Guck in die Luft“ erinnert an das berühmte „Pata Pata“ von Miriam Makeba.

Inhaltlich biedern sich die Songs nicht durch Pups-Witze oder niedliche Kindersprache an, sondern überzeugen durch eine sorgfältige Themenwahl und sprachlichen Einfallsreichtum. „Guck in die Luft“ nimmt sich die Geschichte von Hans Guck-in-die-Luft zum erzählerischen Vorbild, verdreht den Titel aber zum Imperativ und übt damit sanfte Kritik an der permanenten Ablenkung durch Smartphones, ohne das Wort selbst dabei auch nur einmal in den Mund zu nehmen. Auch „Sachen“ besingt den inneren Widerstand gegen das Aufräumen geschickt zwischen den Zeilen. (»Sachen liegen rum, Sachen kippen um / Sachen machen Dreck, Sachen sind immer weg.«) Und während „Kaputt“ vordergründig nur ein Plädoyer für Papas Werkzeugkasten zu halten scheint, entlarvt sich der melancholische Song beim genauen Zuhören als akustisches Pflaster für das Trost suchende Kind. (»Alles kann man mamarieren, alles kann man paparieren, alles kann man omarieren, alles kann man oparieren.«)

Natürlich will Richard Haus auch den Eltern gefallen. Er verzichtet aber auf klassische Stilmittel wie Ironie oder sprachliche Doppeldeutigkeiten und greift stattdessen gezielt Themen auf, die für Groß und Klein Relevanz haben. „K.I.O.S.K.“ etwa ist so ein Lied, das sich humorvoll einem Sehnsuchtsort von Eltern wie Kindern widmet. Dagegen bleibt „Lügengeschichten“ mit der Aufzählung verdrehter Tatsachen zwar dicht an der Lebenswelt von Kindern, verweist aber zumindest im Subtext auch auf Themen wie Fake-News oder Verschwörungstheorien und funktioniert so auch als politischer Song.

Fazit: Nach zwei eher mittelmäßigen Anläufen hat Richard Haus mit seinem dritten Album grandios abgeliefert. In dieser Produktion stecken so viel Sorgfalt, Spielfreude und Detailverliebtheit, dass selbst nach dem zehnten Durchlauf keine Langeweile aufkommt. Die konstante Entwicklung über mehrere Jahre lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass wir es hier mit einem Überzeugungstäter zu tun haben, der sich glaubwürdig um ein eigenes künstlerisches Profil bemüht. Mit „Auf Zack!“ hat er es definitiv gefunden. Über zwölf Songs hinweg hält das Album ein erfreulich hohes Niveau und bietet damit auch geschulten Elternohren absoluten Hörgenuss. So klingt Musik für Kinder, die mit genau derselben Ernsthaftigkeit produziert wird, wie Musik für Erwachsene.

Erschienen bei


Oetinger Audio

Veröffentlicht


2020

Bewertung der Redaktion: 5/5


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