01.01.2021


Deine Freunde: „Das Weihnachtsalbum“



Beatsinnliche Weihnachten!



Die vermeintlichen Kindermusik-Pioniere aus Hamburg haben die Corona-Krise kreativ genutzt und sich dazu durchgerungen, ein Weihnachtsalbum zu machen. Nicht etwa aus eigenem Antrieb, sondern weil sie von drei Wichteln dazu genötigt wurden. Das jedenfalls ist die Geschichte, von der das Trio in den kurzweiligen Promo-Videos erzählt, die der Veröffentlichung dieser Produktion vorausgingen. Es verwundert demzufolge auch nicht, dass die Band ihre Fans nicht mit besinnlichen Tönen abspeist, sondern ein Album mit „krisensicheren Weihnachtshits“ abliefert. Deren Grundrezeptur entspricht der bewährten Rollenaufteilung bei Deine Freunde: Pauli sorgt für die Beats, Flo für die Rap-Parts und Lukas für den Gesang. In dieser Aufstellung nehmen sich die drei zahlreiche Weihnachts- und Winterklischees zur Brust und machen sie zum Ausgangspunkt für eigensinnige Umdeutungen.

Das „Präludium“ und „Neun kleine Wichtel“ eröffnen die Platte zunächst durchaus feierlich, stellen aber vor allem klar, womit wir es hier zu tun haben – nämlich: Mit dem Weihnachtsalbum von Deine Freunde, das (s.o.) nicht ganz freiwillig entstand. (»Euch allen Merry Christmas / das Album im Auftrag der Wichtel – hier ist es.«) Ein klassisch selbstreferentieller Einstieg, mit dem die Weichen für die Platte gestellt sind. Was in den nächsten 13 Tracks folgt, hat hinsichtlich seiner musikalischen Umsetzung nur wenig mit dem zu tun, was wir gemeinhin von einem Weihnachtsalbum erwarten. Kurze Samples aus dem ein oder anderen Weihnachtslied und der bedachte Einsatz von Instrumenten wie Xylophon, Blockflöte oder Trompete stellen zwar immer wieder Bezüge zum Konzept her, stehen gegenüber Beats und Bass aber auf verlorenem Posten.

Deine Freunde tun, was sie am besten können: Sie spielen kreativ mit den Möglichkeiten, die das Hip-Hop-Genre zu bieten hat. So kommt „Die Rache der Blockflöte“ als lässiger Gangsta-Rap daher und „Die krassesten Schlitten“ greift die naheliegende sprachliche Doppeldeutigkeit auf. (»Den heftigsten Schlitten hat immer noch der Weihnachtsmann.«) Sehr gelungen ist auch der Wortwitz in „Renntierrennen“ (»Wohin rennennennennennen sie denn?«), musikalisch aufhorchen lässt dagegen „C64“, ein Song, der im Sound alter Computerspiele nostalgisch auf Weihnachten 1993 zurückblickt, erzählerisch aber gute Brücken in die Gegenwart baut. „Wann wird’s mal wieder richtig Winter“ und „Ein ganz normaler Sommertag“ wagen inhaltliche Bezüge zum ernsten Thema Klimawandel (»Eine Schneeballschlacht unter Freunden / hin und wieder geht mal einer ins Gesicht / lieber Winter, wir wollten so gern mit dir spielen / doch Versteckspielen meinten wir nicht«), „Dieses Jahr schenken wir uns mal nix“ und „Freut euch, dass ihr da seid“ lassen sogar latente Konsumkritik anklingen. (»Ja es klingt wie Kitsch aber ist das was ich denke / es geht um Begegnung und gute Momente.«)

Auch musikalisch zeigt sich die Combo sattelfest. DJ Pauli versteht sein Handwerk und verleiht den einzelnen Songs überzeugenden Charakter. Leider wird diese stilechte Umsetzung fortlaufend durch glattgebügelte Gesangsparts durchbrochen. Diese Mischung aus Gesang und Sprechgesang ist das Markenzeichen der Band, war aber schon in den 90ern, als sie noch von Acts wie DJ Bobo, Mr.President oder 2Unlimited bedient wurde, anstrengend. Auf diesem Album kommt dieser Stilmix ganz besonders zur Geltung. Vielleicht, weil Gesungenes dann irgendwie doch besser zu Weihnachten passt? Als Hip Hop-Album geht die Produktion so jedenfalls nicht durch. Eher als der etwas zu bemühte Versuch, zugleich cool und besinnlich rüberkommen zu wollen.

Fazit: Musikalisch haben sich Deine Freunde ihren eigenen Kosmos geschaffen, in dem sie sich auch auf ihrem Weihnachtsalbum souverän bewegen. Wer auf akustische Instrumentierungen steht, wird hier allerdings nicht auf seine Kosten kommen – aber das sollten inzwischen alle wissen. Die Band hat ohnehin längst die Zielgruppe im Visier, die bereits mit einem Bein in der Pubertät steht. Und natürlich auch deren Eltern. Zu diesem Spagat gesellt sich auf diesem Album das Bemühen, es auch stilistisch allen Recht machen zu wollen. Das Ergebnis ist ein bisschen wie Spritzgebäck: Es sieht zwar unterschiedlich aus, schmeckt aber irgendwie immer gleich. So bringt uns „Das Weihnachtsalbum“ zweifellos zum Schmunzeln und bisweilen auch das Tanzbein in Schwung, aber es trifft nicht so recht ins Herz. Ohne Zweifel liegt die Messlatte für ein Album von Deine Freunde hoch, aber die Band selbst hat das Niveau eben auch definiert. Auf meinem Wunschzettel für den nächsten Anlauf steht daher: Weniger Konzept und mehr künstlerische Eigenständigkeit.


Video




Erschienen bei


Sturmfreie Bude / Universal Music GmbH

Veröffentlicht


2020

Bewertung der Redaktion: 3/5


Künstler*in



Pressefoto "Deine Freunde"

Deine Freunde

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