23.07.2021


Herr Jan: „Herr Jan“



Das wohlige Gefühl, dass diese Welt ein guter Ort ist



Wieder einmal ein gestandener Musiker, der den Sprung in die Welt der Kindermusik nicht scheut. Jan Sedgwik ist ein Multi-Instrumentalist, der auf langjährige Erfahrungen als Live-Musiker und Produzent zurückblickt. Trotzdem hat er den Plan, sich mit dieser Leidenschaft zu professionalisieren, nach einem kurzen Ausflug an die Musikhochschule wieder verworfen. Stattdessen wurde er Erlebnispädagoge und nahm sich vor, nur noch die Musik zu machen, die er liebt. Mit der Geburt seiner Tochter schlüpfte er schließlich in die Rolle des Kindermusikers Herr Jan und verkörpert darin das Beste aus beiden Welten.

Diese vielfältigen Vorerfahrungen ermöglichten es Sedgwik, sein Debut-Album „Herr Jan“ praktisch im Alleingang zu produzieren. Komposition, Arrangement, Instrumente und Gesang: Alles trägt seine Handschrift. Wollte man unbedingt eine Schublade für ihn finden, so ließe sich das Gesamtergebnis am ehesten unter Singer-Songwriter einordnen – eine klassische Besetzung aus Akustikgitarre, Bass, Schlagzeug und Klavier dominiert die Kompositionen. Bei genauer Betrachtung greift diese Zuschreibung aber definitiv zu kurz, denn in zahlreichen Momenten besticht die musikalische Arbeit von Herr Jan durch großen Einfallsreichtum und viel Liebe zum Detail.

Besonders begabt zeigt er sich darin, eine für jedes Lied passende Atmosphäre zu erzeugen. Das beweist schon der erste Song „Ein Lied für dich“, der die abwechslungsreiche Liedersammlung in beschwingter Leichtigkeit eröffnet. „Känguru“ knüpft als lupenreine A Capella-Nummer nahtlos daran an. Beim Song „Die Schlechtwettermachfabrik“ dominieren dagegen eher düstere Töne, die das textlich entworfene Szenario der grimmigen Schlechtwetterzwerge hinter den Schlechtwetterbergen akustisch stimmig rahmen. Im etwas albern geratenen „Gummischuh“ (»How do you do in your Gummischuh? / Uns geht es gut, how goes it you?«) spielt dann eine ganze Marching-Band auf, begleitet von einem gut gelaunten Chor. Zur Höchstform läuft Herr Jan beim Song „Der Rand vom Butterbrot“ auf. Stilistisch dezent mit Reggae-Elementen garniert, zeigt er hier, wie sich banalste Alltagserfahrungen mit Kindern in gute musikalische Kurzgeschichten ummünzen lassen. (»Hallo, hier spricht der Rand von deinem Butterbrot / du hast mich wohl vergessen? / würdest du mich bitte auch noch essen?«) Und mit „Dein Geburtstagslied“ gelingt es ihm sogar, dem unerreichten Klassiker von Rolf Zuckowski mindestens auf Augenhöhe zu begegnen.

Wer wollte könnte Herr Jan vorwerfen, dass er sich inhaltlich jeder Botschaft verweigert und stattdessen konsequent auf Wohlfühlthemen setzt. Lediglich das kurze musikalische Zwischenspiel „Hundert“, in dem er nichts weiter tut als von Null bis Hundert zu zählen und damit das Bemühen um Lerneffekte im Kinderlied auf die Spitze treibt, lässt etwas Ironie durchschimmern. Umso mehr Haltung beweist er aber durch seine musikalische Sorgfalt.

Fazit: Herr Jan liefert den perfekten Soundtrack zu einer unbeschwerten Kindheit. Deutlich wird seine popkulturelle Prägung hörbar – und trotzdem klingt das Album abwechslungsreich und vielseitig. Ist es zu Ende, hinterlässt es das wohlige Gefühl, dass die Welt im Großen und Ganzen ein guter Ort ist. Im Kontext von Kindermusik darf dieses Urteil definitiv als Qualitätsmerkmal interpretiert werden. Jan Sedgwik selbst formuliert es so: „Ein gutes Kinderlied sollte Kindern gefallen und auf irgendeine Weise gut tun. Wenn es auch noch den Eltern gefällt, ist es großartig.“


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Erschienen bei


Timezone

Veröffentlicht


2019

Bewertung der Redaktion: 4/5


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