01.01.2021


Mai Cocopelli: „Im Musikzimmer Nr. 3“



Herbst, Herbst - wie du die Blätter färbst



Seit Jahren widmet sich die österreichische Musikerin Mai Cocopelli mit voller Hingabe dem Kinderlied. Elf Musikproduktionen für Kinder hat sie seit 2002 veröffentlicht und dabei immer wieder spezifische Themen und Konzepte aufgegriffen. „Im Musikzimmer 3“ macht diesbezüglich keine Ausnahme. Wie der Titel vermuten lässt handelt es sich um eine Produktion, die als Teil einer Trilogie zu verstehen ist. Nachdem Cocopelli mit „Im Musikzimmer Nr. 1“ Lieder für das gemeinsame Singen im Kindergarten präsentierte und „Im Musikzimmer Nr. 2“ das Ziel verfolgte, den musikalischen Alltag in Grundschulen zu beleben, führt „Im Musikzimmer Nr. 3“ die beiden Zielgruppen zusammen und fokussiert sich inhaltlich auf ein einziges Thema: Den Herbst.

Problematisch an dieser Eingrenzung ist, dass es über den Herbst offenbar nicht allzu viel zu berichten gibt. Im Wesentlichen scheint er nur die Blätter bunt zu machen. Zumindest weiß Mai Cocopelli genau darüber gleich mehrere Lieder zu singen. Schwungvoll eröffnet „Der Herbst jagt den Sommer“ ihre Liedersammlung und stellt klar: »In Nullkommanichts taucht er unsere Welt / in Farben so bunt und in Düfte so süß.« Im nächsten Song „Sommer, ade!“ heißt es dann: »Jetzt kommt der Herbst an im Sauseschritt / und bringt die bunten Blätter alle mit.« Weiter geht’s mit „Leise fallen alle Blätter“, einem Lied, in dem Cocopelli verwundert feststellt: »Die Welt erstrahlte einst im satten Grün / wo ist denn nur die Sommerfarbe hin?« Bevor sie in „Und der Herbst sagt“ schließlich einsieht: »Jedes Jahr um diese Zeit / kommt der Herbst ins Land geeilt / und malt mit viel Geschick die Blätter an / weil er das am besten kann.« Besonders abwechslungsreich klingt das erstmal nicht.

Tatsächlich versteht es Mai Cocopelli aber, mit musikalischer Vielfalt dagegenzuhalten. Wie immer hat sie zahlreiche Musiker*innen um sich geschart, denen es gelingt, der thematischen Eintönigkeit durch musikalischen Einfallsreichtum ganz unterschiedliche Stimmungen abzugewinnen. Hinzu kommt, dass sie mit dem Martinsfest zumindest noch ein weiteres Thema gefunden hat, das auf diesem Album idealtypisch für den Herbst steht. Lieder wie „Kleine Laterne“ und „St. Martin“ (nein, es handelt sich nicht um eine Neuinterpretation des bekannten Klassikers) liefern neuen Input für den nächsten Martinsumzug in Schule oder Kindergarten. „Komm geh mit mir“ markiert dabei den Höhepunkt des Albums. Pompös orchestriert und sich atmosphärisch immer weiter zuspitzend, huldigt das Lied der Magie der Nacht. „Kannst du mich sehen?“ verdreht dagegen die Erzählung von St. Martin und plädiert aus der Perspektive des Bettlers für Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe. Ein durchweg ehrbares Anliegen, das jedoch etwas zu dick aufgetragen wirkt. (»Sei auch du wie St. Martin vor vielen Jahren / auch du kannst der Welt viel Leid ersparen.«)

Fazit: Man muss „Im Musikzimmer Nr. 3“ im Kontext seines Anliegens betrachten. Musikproduktionen zum Jahreszyklus gehören in der Gattung Kindermusik zu den Klassikern – und sind häufig eine musikalische Zumutung. Im direkten Vergleich dazu hat Mai Cocopelli mit diesem Album einen großartigen Beitrag geleistet! Playback-Versionen und ein Liederbuch mit Notenmaterial haben nützlichen Mehrwert für die pädagogische Praxis und die vielen Kinder, die an der Produktion mitgewirkt haben, werden andere Kinder zweifellos zum Mitsingen motivieren. Aus erwachsener Perspektive mag die thematische Fokussierung der Lieder langweilen. Gerade für jüngere Kinder sind sie jedoch wunderbare Begleiter im Aufwachsen, denn sie festigen Rituale und Bräuche und prägen ihre kulturelle Identität. „Das Album führt von den übermütigen Luftsprüngen des Sommers hinein in die samtige Stimmung des Herbstes“, schreibt Cocopelli im Booklet. Das gelingt ihm durchaus. Jenseits dieses spezifischen Anspruchs zählt „Im Musikzimmer Nr. 3“ aber nicht unbedingt zu den stärksten Produktionen der Liedermacherin. Zu sehr ordnet sich die Platte ihrer Grundidee unter, bietet für sich genommen aber wenig musikalische Highlights. Zum Glück haben wir in unserer Kindheit genug über den Jahreszyklus gelernt, so dass wir wissen: Nach dem Herbst kommt der Winter – und danach ganz sicher auch wieder ein neuer Frühling mit frischen musikalischen Ideen.

Erschienen bei


Cocopelli Music

Veröffentlicht


2019

Bewertung der Redaktion: 3/5


Künstler*in



Pressefoto "Mai Cocopelli"

Mai Cocopelli

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