01.01.2021


Randale: „Kinderkrachkiste“



Die bewährte Einladung zum Mitgrölen



Längst hat sich die Bielefelder Band Randale überregional einen hervorragenden Ruf erarbeitet – und das, obwohl (oder gerade weil?) sie in weiten Teilen auf die üblichen Konventionen der Gattung Kindermusik pfeift. Nach zuletzt zwei Konzept-Alben („Dornröschen – Ein Märchen mit Musik“ und „Randale im Krankenhaus“) beschenkt das Quartett seine Fans und sich selbst zum 15-jährigen Bandjubiläum mit der „Kinderkrachkiste“. Verlässlich wird damit an das Narrativ der Gründerjahre angeknüpft: Lautstärke macht Laune – auch im Kinderlied!

Konsequenterweise wird gleich im ersten Lied klargestellt: »Lärm ist für uns fröhlich und hell / wir messen Spaß in Dezibel.« Die Musik von Randale zeichnet sich vor allem dadurch aus, die genretypischen Merkmale von Punk und Metal auf das Kinderlied zu übertragen. Exemplarisch dafür stehen Lieder wie „Blitz und Donner“ oder „Iron Möhre“, mit denen die Band problemlos auf dem Wacken-Festival auftreten könnte. Regelrecht skurril mutet es dagegen an, wenn ausgerechnet in punkiger Attitüde ein Loblied auf die Polizei angestimmt wird. (»Wer fährt manchmal mit Blaulicht über Rot / wer hat bei den Verbrechern immer Hausverbot / 1, 2, 3 – die Polizei.«) Ergänzend dazu unternimmt die Band immer wieder Ausflüge in andere Genres und bedient sich dabei verschiedener künstlerischer Vorbilder. So klingt „Meine Familie“ wie eine Mixtur aus Tom Astor und The BossHoss. Das minimalistische „Abendbrot“ bemüht sich, dem Queen-Klassiker „Another one bites the dust“ das Wasser zu reichen. Und der musikalisch eher belanglos geratene Song „Bürgermeister“ verlagert Rio Reisers Anliegen aus „König von Deutschland“ in die ostwestfälischen Metropolen. Wirklich überzeugend ist die Band aber vor allem dann, wenn sie sich auf ihre ureigenen Stärken besinnt, wie etwa in „Bällebad“. Das Lied hat zwar nicht viel zu erzählen, zündet aber gerade durch seine bestechende Einfachheit und einen stadiontauglichen Refrain.

Vereinzelt versuchen sich Randale auch daran, politische Botschaften in ihren Songs zu platzieren. Das passiert mal subtil, etwa wenn in „Hey du“ neben Piraten auch Piratinnen an Deck Platz finden. Deutlicher wird dagegen „Willy Wal“, das einfachen Wortwitz mit dem Thema Naturschutz verknüpft. (»Willy Wal hat keine Wahl / es gibt nur einen Ozean / und dass Willy überlebt das geht uns alle an / doch wir verschmutzen unsere Meere mit Plastik und mit Dreck / und irgendwann ist Willy Wal dann einfach weg.«) Ausgerechnet „Böse Wörter“, der Song, der rein musikalisch am harmlosesten daherkommt, traut sich inhaltlich dann die deutlichste Ansage zu: Wenn nämlich in einem Kinderlied das Wort „Rassismus“ unverblümt mit dem Attribut „scheiße“ gepaart wird, dann sind interessierte Nachfragen der Kinder in jedem Fall vorprogrammiert.

Fazit: Mit „Kinderkrachkiste“ bleiben Randale ihren Stärken zwar weitestgehend treu, schwächeln zwischenzeitlich aber deutlich. Lieder wie „Kuhglockenrock“ oder „Trompete“ hätte das Album nicht gebraucht. Doch für musikalische Finesse war diese Band ohnehin noch nie bekannt. Gemeinsam mit seiner Band steht Frontmann Jochen Vahle seit 15 Jahren überzeugt und glaubwürdig für ein Verständnis von Kindermusik ein, das sich bewusst von künstlerischer Feingeistigkeit distanziert. Gerade die Eltern, die so gar nichts mit Kindermusik anfangen können, werden sich von dieser Herangehensweise gut abgeholt fühlen. Denn anstatt durch pädagogischen Anspruch, überzeugen Randale durch sprachlich verspielte Hooklines, die schnell hängenbleiben und zum beherzten Mitgrölen einladen. Und damit ist auch die „Kinderkrachkiste“ gut gefüllt.


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Erschienen bei


Argon Verlag GmbH

Veröffentlicht


2018

Bewertung der Redaktion: 3/5


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Bandfoto "Randale"

Randale

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