Albumcover Löwenmut
01.07.2022


Flünk: „Löwenmut“



Flünk verleiht Flügel



Ein neues Kindermusik-Duo hat sich angekündigt. Flünk?! Welche tiefere Bedeutung soll nun wieder hinter diesem Wort stecken? Ein Blick auf die Website der Band gibt Aufschluss: „Flünk bedeutet Flügel und die Musik von Flünk möchte uns zum Lachen, Träumen Tanzen und Singen einladen – uns beflügeln.“ Na, da ist doch mal ein bescheiden formulierter Anspruch von zwei Musiker*innen, die zumindest im Kindermusik-Kosmos bislang noch nie in Erscheinung getreten sind. Um an dieser Stelle mal kurz eine Insider-Info aus meinen Erfahrungen bei „Mama lauter!“ preiszugeben: An vollmundigen Versprechungen mangelt es in der stetig wachsenden Kindermusik-Szene definitiv nicht! Klar, als Musiker*in sollte man von der eigenen Arbeit überzeugt sein. Infolge der großen Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung, die sich nach eingehender Beschäftigung mit so manchem musikalischen Werk offenbart, habe ich aber fast zwangsläufig eine gehörige Grundskepsis gegenüber allzu selbstbewussten Zielformulierungen entwickelt. Aber hey, überzeugen wir uns einfach selbst, ob Flünk mit ihrem Debutalbum „Löwenmut“ tatsächlich Flügel verleihen...

Erster Song: „Der Gorilla am Fluss“. Zu zunächst etwas träge anmutenden Klängen von Gitarre, Bass und Banjo erklingt eine angenehm unaufdringliche Frauenstimme, die vom Versteckspiel der Tiere singt. Eine schön getextete Erzählung, die nach einer knappen Minute plötzlich auch musikalisch Fahrt aufnimmt und ab diesem Moment erahnen lässt, dass dieses Album tatsächlich die ein oder andere Überraschungen bereithalten könnte. Dieser Eindruck setzt sich auch beim nächsten Lied „Frühstückszeit“ fort. Mit entspannter Musikalität (und der zuckersüßen Sprechstimme des kleinen Finn) locken Flünk die ganze Familie vollkommen ironiefrei an einen ausgesprochen gesund gedeckten Frühstückstisch. Wenig später feiert das Lied „Felix der Fisch“ den Frühlingsbeginn unter Wasser und besticht damit zu gleichen Teilen durch seine besondere Erzählperspektive und die zwar schlichte, aber keineswegs langweilige musikalische Umsetzung.

Ok, es scheint an der Zeit, sich eingehender mit den Urheber*innen dieses Albums zu beschäftigen. Mit wem genau haben wir es hier also zu tun? Hinter Flünk stecken Björn und Lara Leese, die sich nicht nur ihren Nachnamen, sondern auch die Elternschaft für ihre zwei Kinder teilen. Diese Konstellation mag mit ein Grund dafür sein, dass die beiden Künstler*innen auf „Löwenmut“ eine sehr wohlige Atmosphäre erzeugen. Hinzu kommen aber ohne Zweifel auch ihr musikalisches Talent sowie die professionelle Umsetzung der Produktion. Flünk profitieren davon, dass Björn Leese nicht nur Tontechniker und Musikproduzent, sondern auch Theatermacher und begabter Multi-Instrumentalist ist. Egal ob Gitarre, Mandoline, Banjo, Akkordeon, Melodica, Glockenspiel oder Cajon: Dieser Mensch fühlt sich an vielen Instrumenten zuhause. Und er versteht sich vortrefflich darauf, sie passgenau zur Untermalung der jeweiligen Liedtexte einzusetzen. Harmonisch fügt sich die sanfte Stimme von Lara Leese in diesen klanglichen Kosmos ein und so bekommen wir auf „Löwenmut“ insgesamt 12 neue Kinderlieder von besonderer Güte zu hören.

Der Titelsong „Löwenmut“ vermengt Beatboxing mit traditioneller Liedermacherkultur und spornt Kindern im selbstbewussten Aufwachsen an. (»Ich mach das ganz alleine, ich kann das ja schon gut / ich mach das ganz alleine, ich habe Löwenmut.«) „Freunde am See“ wartet mit Rock’n’Roll-Einflüssen auf und zelebriert dabei einen schönen Sommertag. (»Mit allen meinen Freunden bin ich heut‘ am See / ich und meine Freunde, vergessen ist der Schnee.«) Im Stil eines Irish Folk-Songs entpuppt sich „Lisa tanzt“ als Liebeserklärung an die Oma, während „Ich schaukel um die Welt“ sowohl der kindlichen Freude am Schaukeln, als auch der Zuneigung zum Opa Ausdruck verleiht. Im tänzerischen Dreivierteltakt mutet „Drache flieg!“ dagegen wie ein klassisches Herbstlied an, bis das Kind, aus dessen Perspektive das Lied gesungen wird, schließlich selbst auf dem Drachen davonfliegt – ein schönes Beispiel dafür, wie sich kindliche Alltagserfahrungen und phantasievolle Träumereien gegenseitig zuspielen können. Auch das ruhige „Kleiner Vogel“ lädt Kinder zum Davonfliegen ein, (»Siehst die Welt von oben, baust im Baum ein Nest / hast ein kleines Leben, was kümmert dich der Rest?«) bevor „Mein kleiner Stern“ sie dann endgültig in sanft-warme Klänge einhüllt und in den Schlaf begleitet. So halten Flünk zum Ende tatsächlich ein, was sie mit ihrem Bandnamen selbstbewusst versprechen. Zumindest symbolisch verleihen sie ihren jungen Zuhörer*innen kleine Flügel.

Fazit: Mit „Löwenmut“ ist dem Duo aus Halle an der Saale ein Kindermusik-Debut geglückt, das von ansteckender Heiterkeit und großer Spielfreude geprägt ist. In ihren von Folk-Musik geprägten Liedern konzentrieren sich Flünk immer auf das Wesentliche, finden dabei aber trotzdem einen eigenen, unverkennbaren Sound und zeigen sich dabei überraschend vielseitig. Auch wenn die Auswahl der Themen weitestgehend klassisch geraten ist und etwas zu oft erzählerische Analogien zur Tierwelt bemüht werden: Die musikalische Umsetzung des Albums ist ausgesprochen charakterstark geraten. Björn und Lara Leese verknüpfen einfache Schemata mit bezaubernder Melodieführung und toll gesetztem, mehrstimmigem Gesang – ein Mix, der vor allem den Ansprüchen jüngerer Kinder gerecht wird und sie zum aufmerksamen Zuhören und Mitsingen einlädt. Eltern wiederum dürften an der stilistischen Bandbreite besondere Freude haben. In der Summe haben Flünk das Kinderlied zwar nicht grundlegend neu erfunden. Auf einem Kindermusikmarkt, der sich immer stärker am popkulturellen Zeitgeist orientiert, zeugt ihr im positivsten Sinne aus der Zeit gefallener Stil aber auf jeden Fall von künstlerischer Eigenständigkeit. Und damit beweisen Flünk sogar selbst ein bisschen Löwenmut.

Erschienen bei


newBel Records

Veröffentlicht


2022

Bewertung der Redaktion: 4/5


Künstler*in



Bandfoto "Flünk"

Flünk

Kommentar hinterlassen









×









gefördert von
Christiane Weber Stiftung zur Förderung von Kindermusik
Partner
ConBrio Verlagsgesellschaft