01.01.2021


Randale: „Randale unterm Weihnachtsbaum zweipunktnull“



Ein bisschen Spaß muss sein



Eigentlich ist dieses Weihnachtsalbum von Randale bereits 2006 erschienen. Vierzehn Jahre später hat die Band es aber neu aufgelegt und bei der Gelegenheit um vier neue Titel erweitert. Aus dem Mini-Album mit ursprünglich nur sechs Liedern ist in seiner zweiten Version also eine Produktion geworden, die die Bezeichnung „Album“ tatsächlich verdient. „10 Songs, die in bewährter Randale-Manier auf die besondere Zeit einstimmen. Und das heißt: Als Country-, Reggae-, Rock- oder Punkversion.“ Mit diesen Worten bewirbt die Band selbst ihren neuen alten Longplayer für die Feiertage.

Nun scheiden sich bei Punk-Musik seit jeher die Geister. Während die einen dem Genre nur wenig abgewinnen können, weil es sich konsequent minimalistisch, laut und unangepasst gibt, feiern die anderen genau diese Verweigerungshaltung gegenüber der sogenannten „etablierten Musikkultur“. Besondere Brisanz bekommt das Thema, wenn sich eine Kindermusikband diesen Stil auf die Fahnen geschrieben hat – und dann auch noch ein Weihnachtsalbum veröffentlicht. Wie also verträgt sich das wahrscheinlich traditionsreichste Fest des Kirchenjahres mit dieser Attitüde?

Wer Randale kennt, der weiß, dass die Bielefelder Combo ausgesprochen humorvoll mit dem Image als Punk-Band spielt und sich von dieser Zuschreibung nicht eingrenzen lässt. So ist auch ihr Weihnachtsalbum durch zahlreiche Stilwechsel gekennzeichnet. Davon zeugt bereits der Opener „Randale unterm Weihnachtsbaum“, der als locker-beschwingter Country-Song mit unverfänglicher Message daherkommt: »Hey hey, hey hey, hey hey ho / Randale unterm Weihnachtsbaum und wir sind alle froh.« Mit „Das schönste Geschenk“ zeigen die Musiker direkt im Anschluss Herz und Haltung, denn sie stellen klar: »Das schönste Geschenk, das es gibt / ist ein Mensch der dir sagt: Ich hab dich lieb.« Ein durchaus gelungener Einstieg.

Über den Mehrwert ihrer Neuinterpretationen bekannter Weihnachtslieder lässt sich indes streiten. Während „O Tannenbaum“ wenig ambitioniert Reggae-Klischees adaptiert, ist „Gloria“ bewusst laut und wenig feierlich geraten – lediglich der aufdringliche Sound der Glocken lässt noch Bezüge zum Original erkennen. Zu diesen zwei traditionsbewussten Cover-Versionen gesellt sich das fröhliche „Zehn kleine Weihnachtsmänner“. Warum sollte das, was mit Zappelmännern, Fledermäusen oder Jägermeistern klappt, nicht auch mit Weihnachtsmännern funktionieren? Von den vier neuen Songs weisen zwei direkte Bezüge zu älteren Randale-Liedern auf. „Peter und Harald feiern Weihnachten“ erzählt davon, wie die im Band-Kosmos hinlänglich bekannten Figuren Hardrock-Hase Harald und Punk-Panda Peter Weihnachten zelebrieren. „Weihnachtsdisco“ greift dagegen auf das musikalische Korsett des Randale-Songs „Affendisco“ zurück, versucht aber weiterhin vergeblich, dem Sound berühmter Stil-Ikonen wie Kool & The Gang nachzueifern. Zum Schluss entlassen Randale ihre jungen Zuhörer*innen mit „Jeder kann helfen“, einem Song, der nach reichlich Ausgelassenheit und Augenzwinkern nochmal ein bedeutungsvolles Statement platziert. (»Jeder kann helfen, sei immer hilfsbereit / das gilt das ganze Jahr und nicht nur zur Weihnachtszeit.«) Erstaunlicherweise klingt das Ende des Lieds, als hätte die Band es nach zu viel Glühwein direkt am Kneipentresen eingesungen.

Fazit: Randale pflegen ihr Image als Kindermusik-Band nicht mit biederer Ernsthaftigkeit, sondern sind vor allem spaßgetrieben. Musikalisch verstehen sie sich als Antithese zu traditioneller Kindermusik-Kultur, inhaltlich schimmert immer wieder ihre kindlich-verspielte Seite und eine zutiefst gefühlvolle Grundhaltung durch. Natürlich schreckt die Band auch auf diesem Album nicht davor zurück, die Verstärker weit aufzudrehen und laut auf die Trommeln zu hauen. Damit ist „Randale unterm Weihnachtsbaum“ nach rein musikalischen Bewertungsmaßstäben nicht unbedingt eine Offenbarung. Auch die Texte wirken häufig eher bemüht als originell. (»Er will uns etwas schenken / na dann her mit den Geschenken / bei schöner Weihnachtsmusik / denn die finden wir chic.«) Beziehen wir die vom Punk inspirierte Attitüde der Band jedoch mit in die Bewertung ein, dann trumpft die Produktion durchaus mit einem besonderen Alleinstellungsmerkmal auf. Denn so wie sich Punk-Kultur als Alternative zur Mehrheitsgesellschaft versteht, geht auch dieses Album als probater Gegenentwurf zum weihnachtlichen Mainstream durch. Wer an den Feiertagen musikalische Abwechslung sucht und meint, seinen Kindern die ein oder andere Dissonanz zumuten zu können, darf hier also beherzt zugreifen. Echte Randale-Fans werden sowieso auf ihre Kosten kommen – und von denen gibt es inzwischen ziemlich viele. Nicht zuletzt ist auch diese Tatsache ein Beleg dafür, dass die Band mit ihrer unverkrampften Herangehensweise vieles richtig zu machen scheint.

Erschienen bei


Newtone

Veröffentlicht


2020

Bewertung der Redaktion: 3/5


Künstler*in



Bandfoto "Randale"

Randale

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