01.01.2021


Sven van Thom: „Tanz den Spatz“



Unterhaltsame Albernheiten und berührende Melancholie



Schon seit Ende der 90er-Jahre ist der Berliner Musiker Sven Rathke auf Bühnen unterwegs. Anfangs mit der Band Sofaplanet, später mit Tiere streicheln Menschen, einem illustren Duo, das sich selbst dem Genre „Actionlesung“ zuordnet, und schließlich auch Solo unter dem Pseudonym Sven van Thom. Nachdem er dann 2017 mit dem Lied „Mein neuer Bruder“ auf der dritten Ausgabe der bekannten und überaus erfolgreichen Kindermusik-Reihe „Unter meinem Bett“ vertreten war, kam er offenbar auf den Geschmack und nahm infolgedessen ein komplettes Musikalbum für Kinder auf.

Als Entertainer für Erwachsene eilt Sven van Thom der Ruf voraus, das Spannungsfeld zwischen unterhaltsamer Albernheit und berührender Melancholie gekonnt zu beherrschen. Auf dem Album „Tanz den Spatz“ versucht er, dieses Erfolgsrezept auf die Zielgruppe Kinder zu übertragen. Exemplarisch dafür steht bereits der Titelsong des Albums. „Tanz den Spatz“ ist die auf Kindertauglichkeit getrimmte Adaption eines Kult-Songs aus seinem Bühnenprogramm für Erwachsene. Mit sanfter Elektro-Anmutung und harmlosen Albernheiten bemüht sich das Lied, sich unter den unzähligen Bewegungsliedern für Kinder einzureihen. Auch „Mein Pups“ biedert sich vollkommen unnötig bei seiner jungen Hörerschaft an. Und leider kommt auch das Lied über den Kater „Cowie Harpendale“ kaum über das mäßig lustige Wortspiel im Titel hinaus. Das alles ist zwar ganz nett, aber nicht sonderlich originell.

Umso mehr kommt das Album jedoch in den Momenten zum Strahlen, in denen Sven van Thom gezielt auf die Lebenswelt von Kindern eingeht, anstatt sie mit Blödeleien um den Finger wickeln zu wollen. In „Glatze wie Opa“ verknüpft er das leidige Thema Haarekämmen mit einer fröhlichen Liebeserklärung an den Großvater. (»Opa ist meine Stil-Ikone / obenrum haarfreie Zone.«) „Nicht schon wieder an die Ostsee“ ist ein herrlich ironischer Abgesang auf eine der beliebtesten Urlaubsregionen der Republik. (»Nicht schon wieder an die Ostsee / da waren wir doch erst letztes Jahr / wisst ihr nicht mehr wie das war?«) Und „Nie wieder heim“ dockt brillant an den allabendlichen Kampf ums ins Bett gehen an. (»Dürfte ich immer so wie ich wollte / und müsste nicht ständig so, wie ich sollte / und könntet ihr alles mit meinen Augen sehen / würdet ihr nie wieder schlafen gehen.«)

Berührend melancholisch wird Sven van Thom bei Liedern wie „Stefanie“, in dem er zum Klang seufzender Streichinstrumente vom Für und Wider eines Lebens mit Geschwistern singt. (»Und wir teilten unsere Sorgen / die kleinsten und die größten / wir erzählten uns die Dinge / die uns manchmal Angst einflößten.«) Im Duett mit Larissa Pesch weint „Der Sommer ist vorbei“ der schönsten Jahreszeit hinterher und bedient sich dabei der musikalischen Dramaturgie eines von Ennio Morricone vertonten Italo-Westerns. Und zum Ende spielt das Schlusslied „Der alte Baum“ mit den tradierten Regeln des Schlaflieds und lässt das Album orchestral und voller Pathos ausklingen.

Fazit: „Tanz den Spatz“ überzeugt durch einen bunten Stilmix, den Sven van Thom fast im Alleingang und mit reichlich musikalischem Sachverstand umgesetzt hat. Seinem selbstformulierten Anspruch, elternfreundliche Kinderlieder komponieren zu wollen, „bei denen einem nicht die Ohren bluten“, wird er ohne Zweifel gerecht. Auch wenn das Album vereinzelt Schwächen aufweist, dominieren unterm Strich die Lieder, die Kinder inhaltlich wie musikalisch absolut ernst nehmen, ohne bemüht pädagogisch zu klingen. Dazu tragen nicht zuletzt auch die zahlreichen Wortspiele bei, die eindeutig an eine erwachsene Hörerschaft adressiert sind. Ganz klar: Mit diesem Publikum ist Sven van Thom vertraut. Aber es macht ja nichts, wenn seine Kinderlieder am Ende auch den Eltern gefallen.


Video




Erschienen bei


Oetinger Media GmbH

Veröffentlicht


2018

Bewertung der Redaktion: 4/5


Künstler*in



Pressefoto Sven van Thom

Sven van Thom

Kommentar hinterlassen









×









gefördert von
Christiane Weber Stiftung zur Förderung von Kindermusik
Partner
ConBrio Verlagsgesellschaft